Leicht sein....
- Evelyn Bierbach
- 2. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 7 Tagen

Nur das Leichtere trägt auf leichten Schultern der Schöngeist,
Aber der schöne Geist trägt das Gewichtige leicht.
Johann Wolfgang von Goethe
Der gute, alte Goethe regt mich wieder mal zum Nachdenken an. Ein Schöngeist sein. Nur das Leichtere auf den leichten Schultern tragen. Nice. Aber das Gewichtige mit Leichtigkeit tragen, das hört sich gut an. Und gleichzeitig schwer.
Ja, man könnte alles Schwere ablehnen, nur Leichtigkeit leben. Partiell klappt das gut. Indem ich wütenden Menschenmengen ausweiche und mich mit netten Menschen umgebe. Indem ich Nöl-Kreise verlasse. Indem ich loslasse, was zu schwer geworden ist. Indem ich aufhöre perfekt sein zu wollen. Oder indem ich für mich sorge, auf meinen Körper achte, wahrnehme, wenn er (vor allem Kiefer und Stirn) anspannt, und wieder lösen. Muskel-anspannungen oder Gedanken.
Für mich ist eine immerwährende Leichtigkeitsinspiration übringens immer noch die Philosophie des Zen-Mindes. Der Zustand, der nicht schon alles weiß, besser weiß, beurteilt. Der Zustand, der neugierig immer wieder neu schaut, der lernen und verstehen will. Darin kann man sich üben.
Auch die Yogaphilosophie in den Sutren von Patanjali betrachtet Leichtigkeit als Zustand: stiram sukham asanam. Die Haltung soll stabil und gleichzeitig leicht sein. Wie das Leben. Fühlen wir uns sicher und stabil kann Leichtigkeit entstehen. Das macht auch einen guten Yogaunterricht aus. Das Hineinführen und Lehren von Ausrichtungen, die gesund und stabil sind, damit sie sich kraftvoll und gleichzeitig leicht anfühlen. Das Einladen, nicht zu verbissen zu praktizieren, Grenzen anzuerkennen und dankbar für das, was gut geht, zu sein.
Goethe spricht aber auch vom Gewichtigen, dem Wichtigen mit Gewicht, das was erst einmal nicht leicht ist. Die Kunst des Gelassenbleibens im Schweren, im Chaotischen. Den inneren Frieden nicht zu verlieren auch wenn im Außen viel im Argen ist. Das gelingt sicher nicht immer, und schon gar nicht, wenn mich die Angst beherrscht. Die auch manchmal zurecht da ist und warnt. Wenn sie der Katalysator für Veränderung und angemessene Vorsicht ist, ist sie hilfreich.
Wie kann ich das Gewichtige also leicht tragen? Das käme auf den Einzelfall an. Nehmen wir das Beispiel der Überlegung meinen ungeliebten Job zu kündigen. Wie kann ich mich in diesem Prozess vor zu viel Grübeln und Schwere und Ängsten schützen? Vor allem wissend, dass genau dies, also Stress, den Lösungsfindungspegel verengt, während gute Gefühle ihn weiten.*
Schauen wir mal. Also -vielleicht:
indem ich zuallererst akzeptiere, dass dies gerade eine entscheidende Zeit ist und das es Nachdenken braucht, auch so etwas wie analytische Plus-/Minuslisten,
indem ich versuche, mir verschiedene Szenarien mit Entdeckergeist und Neugier vorzustellen. Mich in jedes wirklich hinein fühle. Oftmals weiß der Körper die Antwort schon und schickt uns die entsprechenden Signale,
indem ich mit guten Freunden spreche oder/und mich von weisen Menschen beraten lasse,
indem ich mir Zeit zugestehe, mir aber auch eine Deadline setze,
indem ich mir in all dem Gewichtigen Pausen vom Nachdenken einbaue. Mit Entspannungs- oder Bewegungszeiten, Yoga oder Meditation
indem ich nach draußen gehe. Waldbaden. Dort mit allen Sinnen ganz da bin,
oder mit Freunden Tischtennis spiele. Oder tanzen gehe. Oder,
indem ich abends aufschreibe, was gut war, wofür ich dankbar bin.
Und du so? Was sind deine Strategien und Erfahrungen wenn es im Gewichtigen zu schwer wird? Teilt sie hier gerne, lasst uns uns gegenseitig inspirieren.
Meine eigenen zwei Hauptachsen sind übrigens „Es ist wie es ist.“ Jetzt gerade. Also die Akzeptanz der Dinge, wie sie gerade sind. Was nicht gleich dem Annehmen für immer und ewig bedeutet. Und zum Zweiten: Hoffnung und Zuversicht. Das heißt für mich, ich glaube daran, dass Situationen zwar schwer sein, aber einen guten Ausgang nehmen können. Wissend, dass es Unsicherheiten gibt. Ich weiß das ich (und wo ich) handelnd mitgestalten kann. Und statt passivem Warten und Bangen kann ich die Augen für Fortschritt und das Gute offen halten.
*Broaden and Built Theory by Dr. Barbara Frederikson
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